KONFLIKTLOTSEN

Die Idee des „Konfliktlotsen-Programms“, d.h. die Ausbildung von Schülern zu Konfliktlotsen, wurde durch mehrere Faktoren beeinflusst.

Die Mediation, die Grundlage des Konfliktlotsen-Programms, bietet eine Möglichkeit, Konflikte in einem geschützten Rahmen mit der Unterstützung eines unparteiischen Dritten zu bearbeiten und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Angestrebtes Ziel der Mediation ist es, eine „win-win-Lösung“ zu finden, d.h. dass sich die Konfliktparteien auf eine Lösung ihres Problems einigen, bei der alle einen gewissen Vorteil erzielen und so keiner am Ende als „Verlierer“ der Situation zurück bleibt.

Die Anwendung der Methode Mediation überzeugt dadurch, dass während des Mediationprozesses, der in mehreren Phasen abläuft, die Konfliktparteien jeweils die Chance haben, ihre Intuitionen, Gefühle und Handlungsweisen der anderen Seite darzulegen und darüber in ein Gespräch zu kommen. Dieses Vorgehen, in Verbindung mit der gemeinsamen Suche nach Lösungsmöglichkeiten und dem Treffen von Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien, tragen in einem hohen Maß zur Entwicklung sozialer Kompetenz bei.

Unterstützt wird der Prozess der Konfliktbearbeitung durch den Mediator/ Konfliktlotsen, der den Konflikt jedoch nicht selber löst, sondern die Konfliktbearbeitung dadurch voranbringt, dass er die Phasen der Bearbeitung des Konfliktes moderiert, den Konfliktparteien dabei hilft, selber eine Lösung für ihr Problem zu finden und darauf achtet, dass der festgelegte, geschützte Rahmen der Mediation von den Konfliktparteien eingehalten wird.

Streit, Probleme und Auseinandersetzungen sind Alltag an unseren Schulen. Teilweise werden diese Konflikte durch Erwachsene, d.h. in diesem Fall durch Lehrer, geregelt. Oft machen die Schüler ihre Probleme aber unter sich aus. Wir beobachteten, dass die Schüler nicht immer Wege finden, ihre Konflikte so auszutragen, dass alle Beteiligten zufrieden damit sind. In einzelnen Fällen kommen dabei sogar Lösungsstrategien zum tragen, die mit Gewalt, Mobbing und Unterdrückung zu tun haben.

Die Ausbildung von Konfliktlotsen zielt konkret darauf ab, zunächst einzelne Schüler intensiv mit der Methode Mediation bekannt zu machen. Die ausgebildeten Schüler sollen die Methode dann selbständig bei ihren Mitschülern in Konfliktfällen anwenden können. Sekundäres Ziel ist es, mit der Anwendung der Methode auch bei den Schülern die die Konflikte haben, die Problemlösungskompetenz zu erweitern.

Inhalte des Programms

Die Ausbildung zum Konfliktlotsen umfasst 40 Stunden. Es ist möglich, ganze Schulklassen innerhalb des Unterrichts zu Konfliktlotsen auszubilden. Diese Variante ist jedoch nicht empfehlenswert, da die Ausbildung auf dem Freiwilligkeitsprinzip beruht und es kaum vorstellbar ist, dass alle Schüler einer Klasse an der Ausbildung Interesse haben.

Vorteilhafter ist es, aus mehreren Klassenstufen einer Schule interessierte Schüler zu finden, die beispielsweise in einer AG nach dem Unterricht oder in einem Projekt innerhalb der Unterrichtszeit die Ausbildung absolvieren.

Die inhaltlichen Schwerpunkte der Ausbildung können wie folgt aussehen:

  • Konflikttheorie
  • Was ist ein Konflikt? Welche Arten gibt es?
  • Ursachen und Hintergründe von Auseinandersetzungen
  • Konfliktverläufe, Eskalationsstufen
  • Welche Funktion haben Streitigkeiten
  • Konfliktverhalten
  • Wie ist mein eigenes Verhalten?
  • Wie reagiere ich selber bei Problemen?
  • Reflexion der eigenen Konfliktsozialisation
  • Lösungsstrategien
  • Mediation
  • Einführung in die Mediation: Grundannahmen und Ziele
  • Phasen der Mediation
  • Rolle der Mediatoren, der Konfliktlotsen
  • Übungen zu den einzelnen Phasen der Mediation
  • Grenzen der Mediation
  • Team-Mediation
  • Handwerkzeuge
  • Kommunikationstechniken in der Mediation
  • Perspektivwechsel fördern
  • Jemanden zum Gespräch motivieren
  • Gefühle zum Ausdruck bringen und angemessen auf sie reagieren
  • Körpersprache
  • Spielregeln für die Konfliktlösung aufstellen
  • Standpunkte zusammenfassen
  • Kreative Techniken zur Lösungssuche und zum Treffen von Abkommen
  • Deeskalation
  • Moderationstechniken


Welche Inhalte wie intensiv in der Ausbildung bearbeitet werden, hängt von den Schülern, ihren Interessen und dem Verlauf der Ausbildung ab. Dieser soll vorrangig prozessorientiert gestaltet werden. Letztendlich soll die Ausbildung erreichen, dass die Schüler in der Lage sind, selbstbewusst und mit einem fundierten Wissen über Mediation, eine Konfliktbearbeitung mit ihren Mitschülern durchzuführen.

Zudem hat der BSIJ e.V. die Möglichkeit, erlebnispädagogische Angebote zu unterbreiten. Es ist möglich, dass die angehenden Konfliktlotsen bei Bedarf solche Angebote in Anspruch nehmen. Gerade mit dem Ziel Konfliktlotsen auszubilden, die später im Team zusammen arbeiten, ist es von Vorteil, wenn die Schüler ihre persönlichen Grenzen kennen und soziale Kompetenzen wie Vertrauen, Kommunikation, Kooperation und Teamwork trainieren.

Arbeitstechniken und Methoden

Die Ausbildung vermittelt theoretische Grundlagen für die Problembewältigung und gibt die Möglichkeit in Übungen praktische erste Erfahrungen mit der Bearbeitung von Auseinandersetzungen zu sammeln. Das Programm enthält viele Übungen, um die Anwendung unterschiedlicher Lösungsstrategien zu trainieren und die Fähigkeiten des Konfliktmanagements zu vertiefen. Methoden, die dabei zum Tragen kommen sind beispielsweise komplexe Gruppenarbeiten, Rollenspiele, Kurzvorträge, Einzelarbeiten, kreative Arbeitstechniken, Diskussionen im Plenum, Partner- und Kleingruppenarbeit.

Der Ablauf von Konfliktlösung kann am besten in Rollenspielen trainiert werden. Dazu müssen sich zwei Personen in die Rollen der streitenden Parteien hinein versetzen und mit etwas Fantasie ihre Sicht der Situation ausschmücken. Ihr Verhalten während der simulierten Konfliktbearbeitung sollte aber auch ihrer Persönlichkeit entsprechen, d.h. die Schüler müssen sich nicht vollkommen verstellen. Zwei weitere Personen fungieren als Konfliktlotsen (Mediatoren). Ko-Schlichtung ist geteilte Verantwortung und erhöhte Anforderung an die Kooperationsfähigkeit der beiden Lotsen, weil sie darauf achten müssen, sich abzuwechseln und zu ergänzen.

Im Anschluss an die Ausbildung sollen die Konfliktlotsen die Möglichkeit haben, in regelmäßigen Abständen schwierige Situationen mit festen Ansprechpartnern zu besprechen. Im Idealfall sind die festen Ansprechpartner ein oder zwei Lehrer, die sich für die Betreuung der Konfliktlotsen, im Anschluss an die Ausbildung, bereit erklären. Die regelmäßigen „Supervisionen“ dienen unter anderem dazu, die Konfliktlotsen vor zu hohen Ansprüchen an sich selbst zu schützen z.B. durch die Erkenntnis, dass sich einige Streitigkeiten nicht auflösen lassen oder dass manche Beteiligte an der Lösung ihres Problems nicht ausreichend interessiert sind.